Weingut Muster Gamlitz
Das spezielle Klima mag mitgespielt haben, dass Reinhard Muster keine Dogmen mag. Inspiration für seine Weinneuheiten findet der Südsteirer gerne in bewährten, aber vergessenen Traditionen.
TOSKANISCH. Während man sich anderswo gern als „steirische Toskana“ verkauft, findet man bei Muster in Gamlitz immer wieder den sperrigen Begriff „Illyrisch“. Er beschreibt das Klima, das weniger von den Sonnenstunden der Werbeprospekte, sondern den harten Fakten der Niederschlagsmessung geprägt ist: Bis zu 1000 Milliliter Jahresniederschlag sind an der Windschattenseite der Alpen keine Seltenheit. Spielt der alpine Wind mit, trocknet er die Staunässe und schützt die Reben vor Krankheiten. Im Idealfall lassen mediterrane Sonnenstunden die Trauben ausreifen und vertiefen so ihr Aroma.
Diese Voraussetzungen verhindern ein Einheitsschema bei der Kellerarbeit. Unterschiedliche Lesezeitpunkte der Trauben, die dann wieder cuvéetiert werden, verschiedene Hangneigungen, Vergärung mit Schalenanteilen – die Themen gehen dem Tüftler nicht aus. Damit kann man hadern oder sich Reinhard Musters Credo zu eigen machen: Er arbeitet „klassisch im Sinne von altbewährt“. Denn von jeher musste man sich in der Südsteiermark den natürlichen Bedingungen beugen. Mit viel Kellertechnik Wein zu „machen“, ist für den 40-Jährigen daher kein Thema. Im Gegenteil: „Kontrolliert schlampig ist seit einigen Jahren unser Leitsatz bei der Vinifizierung.“ Vor allem aber wird Zeit als wichtigste Zutat der Abfüllungen überall auf dem Weingut großgeschrieben. Am sichtbarsten ist dies beim Welschriesling, der unter anderem das Prädikat „zeitfiltriert“ trägt.
Auch die Etikette weist in frühere Zeiten zurück. Da braucht man nichts neu erfinden. Nicht einmal bei der Genussempfehlung: „Vom Welschriesling trinkt der Steirer nicht zu zweit eine Flasche, sondern allein zwei“, zitiert man den Volksmund. Das soll übrigens nicht nur für Steirer gelten. Auch hier sind Experimente erwünscht!